LebensWasser

Whisky, so hat Papst Franziskus schottischen Seminaristen lachend gesagt, sei „la vera acqua santa“, also das wahre heilige Wasser. Wasser ist kostbar, ein Lebenselixier. Das frische Quellwasser, das den Durst stillt, der Aquavit als Medizin, und auch der Whisky, der auf gällisch uisge beatha hieß: Lebenswasser. Auch dafür ist der Brunnen im Atriumgarten der Akademie ein lebendiges Symbol. Ein Beitrag von Dominik Blum.

Ja, es stimmt tatsächlich: Papst Franziskus hat sich als Whisky-Freund geoutet. Als die schottischen Seminaristen ihm bei einem Treffen eine Flasche des Nationalgetränks überreichten, habe er das Geschenk freudig entgegengenommen und auf Italienisch als das wahre heilige Wasser bezeichnet. Wären die jungen Theologiestudierenden aus Irland gekommen, hätten sie ihm Whiskey mitgebracht. Das kleine ‚e‘ im Namen ist nicht der einzige Unterschied zwischen den beiden Bränden. Gemeinsam ist ihnen aber – ob in Schottland oder Irland – der Ursprung in den mittelalterlichen Klöstern. Dort brannten die iro-schottischen Mönche bereits seit dem frühen Mittelalter alkoholische Getränke, zunächst noch aus medizinischen Gründen, zur Schmerzlinderung und Desinfektion. Im 15. Jahrhundert, als der Whisky in Schottland erstmals urkundlich erwähnt wird – Anlass war eine große Menge Malz, die ein Mönch namens Bruder John Cor 1494 zur Whisky-Herstellung kaufte – , ließ schon die Menge des Getreides vermuten, dass der Brand längst auch zum Genussmittel geworden war.

Wie die skandinavische Spirituose, die heute noch als Aquavit bekannt ist, wie der slawische Wodka, dessen Name sich von woda, Wasser oder Wässerchen, herleitet, ist auch der Whisky ein Lebenswasser. Das Wort Whisky entsteht über das schottisch-gälische uisge beatha und das irische uisce beatha (uisge / uisce: „Wasser“, beatha „Leben“) und wandelt sich dann über uskeba, uskvebaw, und yuskibaw / usquaebae zum heutigen Whisky. Damit waren wohl die lebensrelevanten Brennzutaten gemeint, Wasser, Getreide und Hefe, aber auch die lebenserhaltende medizinische Wirkung. Und nicht zuletzt die Freude, die ein guter Tropfen Lebenswasser vermitteln kann.

Übrigens: Der Vatikanische Pressesaal war not amused, dass der Papst den Alkohol von den Britischen Inseln so ausdrücklich gelobt hat. Die strengen Kommunikationswächter zensierten den launigen Spruch von Franziskus kurzerhand und entfernten ihn aus dem Protokoll der Begegnung mit den jungen Schotten. Der Papst solle nicht für Alkohol werben, hieß es. Tradiert hat sich die Geschichte trotzdem. Außerdem eignet sich kein alkoholisches Getränk der Welt so wenig, um über die Maßen zu trinken, wie der Whisky oder Whiskey. Denn dann entgehen dem Konsumenten die vielschichtigen Geschmacksnuancen des schottisch-gälischen Lebenswassers, des „uisge beatha“. Sie sind, wie das Leben selbst, mal rau und salzig, scharf oder süß, dann erdig, himmlisch, fruchtig oder würzig. Und manchmal alles zugleich. Sicher sollte man sich die Corona-Krise mit all ihren Aufs und Abs nicht schöntrinken. Aber ein Schluck Lebenswasser – ob als Aquavit, Wodka oder Whisky, schadet auch nicht. Prosit!

Lesetipp: Wolfgang E. Rothe, Wasser des Lebens. Einführung in die Spiritualität des Whiskys. Mit einem Vorwort von Hugh Gilbert, Bischof von Aberdeen. St. Ottilien 2016 

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