„Demokratiegefährdung kommt aus der Mitte der Gesellschaft“
Katholische Akademie und Uni Vechta stellen Demokratie auf den Prüfstand – In einer hochkarätig besetzten zweitägigen Fachtagung, zu der die Katholische Akademie Stapelfeld (KAS) in Kooperation mit der Universität Vechta und der Deutschen Gesellschaft zur Erforschung des politischen Denkens eingeladen hatte, wurde am vergangenen Wochenende die globale Krise der Demokratie intensiv diskutiert.
Noch vor wenigen Jahrzehnten sei in den westlichen und vor allem den europäischen Staaten die Konkurrenzlosigkeit der demokratischen Regierungsform unstrittig gewesen, betonte Dr. Martin Feltes, pädagogischer Direktor der gastgebenden KAS. Mit Blick auf die politische und auch religiöse Radikalisierung in weiten Teilen der Welt und auch in Deutschland sei es wichtig, diese besorgniserregenden, antidemokratischen Entwicklungen kritisch zu hinterfragen, so Dr. Feltes.
In Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Peter Nitschke von der Universität Vechta konnten renommierte Referentinnen und Referenten aus der gesamten Bundesrepublik gewonnen werden, die die aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen sowohl unter historischen und philosophischen sowie politik- und rechtswissenschaftlichen Aspekten analysierten.
„Der Prozess der Demokratiegefährdung kommt aus der Mitte der Gesellschaft“, betonte Prof. Dr. Nitschke, der in seinem Vortrag „Die Demokratie und ihre Feinde – vom Wettkampf mit der Diktatur“ vor einem zunehmenden Populismus warnte. Anhand des globalen DemokratieIndex von „Freedom House“ zeigte der Politikwissenschaftler auf, dass die Demokratien weltweit auf dem Rückzug seien. Autokratische Staaten und Diktaturen würden zunehmend die Weltpolitik bestimmen. Auch in Europa warnte Prof. Dr. Nitschke vor zunehmenden antidemokratische Tendenzen. Vorangetrieben durch die Globalisierung würde diese Entwicklung durch gezielte Stimmungsmache in den Sozialen Medien, in denen sich ungehindert Falschmeldungen sowie politische und gesellschaftliche Hetze ausbreiten, auf fruchtbaren Boden stoßen. Mit Blick auf Donald Trump und seiner Ignoranz gegenüber politischen und ethischen Grundsätzen der Demokratie stellte er die Frage: „Ist das noch ein demokratisch agierender Präsident?“ Fundamentalismus in all seinen Ausprägungen sei die größte Herausforderung für die Demokratie, machte Prof. Dr. Nitschke deutlich und warf die Frage auf, ob der Islam mit der demokratischen Grundordnung vereinbar sei, da seiner Ansicht nach „der Islam die religiöse Begründung für den politischen Islamismus“ liefere.
Aufklärung und eine verstärkte politische Bildung in Schulen und auch in der Erwachsenenbildung seien wichtige Faktoren, um die demokratische Grundordnung zu stärken, so Prof. Dr. Nitschke und forderte mehr und frühzeitigen Politikunterricht.
Des Weiteren referierte Prof. Dr. Karl-Heinz Nusser von Ludwig-Maximilians-Universität München über „Die demokratische Öffentlichkeit und das Gewissen“. Dr. Eva Odzuck von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen sprach über „Liberale Eugenik als Gefährdung der Demokratie“ und Dr. Oliver Kozlarek von der Universität Vechta gab einen Einblick in „Demokratie, Identität und Moderne in Mexiko“. Kurzfristig konnte Dr. Sven Schönfelder vom niedersächsischen Verfassungsschutz als Referent gewonnen werden. Er sprach über den „Rechtsextremismus im Wandel der Gesellschaft“. Prof. Dr. Barbara Zehnpfennig von der Universität Passau warnte eindringlich vor der „Bedrohung von Innen. Strukturelle Probleme der Demokratien“. Prof. Dr. Tilo Schabert von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen ging der Frage nach: „Die Seele und ihre Verfassungen. Was ist es, das sie von der demokratischen Geschichte erzählt?“
Foto: S. Lünnemann